Verarbeitungstiefe von Lernprozessen

Verarbeitungstiefe von Lernprozessen

Lern- und Kompetenzziele können sehr vielfältig sein.

Die Beurteilung der Zielerreichung ist stets abhängig von den Ansprüchen.

Wie tiefgehend soll ein Thema bearbeitet werden? Was sollen die Schülerinnen und Schüler von diesen Lerninhalten in ihren Alltag und auf ihren persönlichen Lebensweg mitnehmen? Gelten für alle Lernenden der Klasse dieselben Erwartungen? Und falls nicht, wo liegen die Mindestansprüche?

Die kognitive Taxonomie (Klassifikationsraster) nach Bloom kann dabei helfen, die Verarbeitungstiefe von Lerninhalten festzulegen.

Die bloomsche Klassifikation besteht aus 6 Ebenen. Die folgenden Aussagen zur Einordnung der Lerntiefe sowie die damit verbundenen Tätigkeiten haben die bloomsche Taxonomie als Grundlage.

Sie sind jedoch bewusst vereinfacht formuliert.

Die Lernenden können…Die Lernenden…  
…sich an Lerninhalte erinnern und einzelne Teile davon wiedergeben.notieren
beschriften
beantworten
…Lerninhalte als Ganzes verstehen.zusammenfassen
beschreiben
darstellen
…Lerninhalte in leicht abgeänderten Situationen selbst anwenden.durchführen
experimentieren
anpassen
…Lerninhalte im Detail verstehen und in eigenen Worten erklären, was diese ausmacht.sortieren
vergleichen
interpretieren
…Lerninhalte verwenden, um eigene Ideen umzusetzen.erfinden
planen
gestalten
…Lerninhalten die persönliche Bedeutung zumessen und diese im eigenen Alltag selbständig nutzen.bewerten
auswählen
nutzen

Ausgesprochen gut erinnern

Ausgesprochen gut erinnern

In der Reggio-Pädagogik geht man davon aus, dass Kinder über ein reiches Potenzial von Ausdrucksmitteln verfügen.

Sie benutzen dazu Hände (beim Gestikulieren, Malen, Bauen…), Gesten (beim Spielen, Lieben, Streiten…), ihren Körper (beim Mitteilen von Gefühlen, Befindlichkeiten…) ihre Phantasie und auch die Sprache mit Symbolen und Wörtern.

Aus psychologischer Sicht ist unter anderem das autobiographische Gedächtnis beim frühen Lernen sehr entscheidend. Dabei erinnern sich Kinder an Erlebnisse und Erfahrungen, welche sie häufig in Scripts einordnen (z.B. Raster eines für sie typischen Familientages, Schultages, Ausflugs in den Zoo…).

Vor allem jüngeren Kindern fällt es jedoch schwierig, Erlebnisse aus dem freien Abruf wiederzugeben. Sie sind darauf angewiesen, über Hinweise von Bezugspersonen Erlebnisse aus dem Gedächtnis «wiederzuentdecken».

Indem Bezugspersonen (Lehrpersonen, Eltern…) mit den Kindern über die Erlebnisse sprechen und Fragen stellen (vor allem w-Fragen – wer, wo, was, wie, warum…), verfeinern sie das Erinnerungsvermögen der Kinder, helfen mit, Abläufe von Ereignissen zu ordnen und verleihen den Erlebnissen eine persönliche Bedeutung.

Lernen ist…

Lernen ist…

Lernen ist ein Zusammenspiel von Nachahmen, Bestärken und Korrigieren.

Beim Beobachtungslernen werden Rollenmodelle nachgeahmt. Dies geschieht unabhängig von verstärkenden Reaktionen des Modells (also unkommentiert).

Voraussetzung für das Beobachtungslernen ist, dass die physischen, motorischen und kognitiven Voraussetzungen vorhanden sind, dass das Verhalten nachgemacht werden kann. Zudem muss das gezeigte Verhalten (Rollenmodell) mental verstanden (entcodiert) werden.

Als Lehrperson ist es wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, ein Rollenvorbild zu sein. Dies erfolgt oft unbewusst und implizit.

Bestärken ist insbesondere in der Lernform des Operanten Konditionierens bedeutsam. Beim Operanten Konditionieren entscheidet die Konsequenz, die auf ein Verhalten folgt (positiv oder negativ), ob das Verhalten in Zukunft weiterhin, häufiger, seltener oder schliesslich gar nicht mehr gezeigt wird.

In dieser Form kann die Lehrperson explizit und bewusst Einfluss auf das Verhalten der Lernenden nehmen.

Beim Korrigieren schliesslich ist es entscheidend, dies auf einer Ebene zu tun, welche von den Lernenden auch verstanden werden kann. Gewisse Korrekturen können anfänglich verwirrend sein und damit den Lernprozess behindern.

Die Kunst ist, Korrekturen so individuell anzubringen, dass alle Lernenden unter Berücksichtigung ihres Entwicklungsstandes davon profitieren können.

Was heisst „Lernen“?

Was heisst „Lernen“?

Lernen ist die nachhaltige Veränderung der persönlichen Wahrnehmung, Handlung oder Handlungsmöglichkeiten sowie des persönlichen Denkens.

Am Ende des Lernens (oder beim Erreichen von Meilensteinen des Lernens) stehen damit die Fragen:

  • Was (Wahrnehmung, Handlungsweise, Denken) hat sich verändert?
  • Ist diese Veränderung nachhaltig?

Lernen basiert auf Erfahrung und ist damit stets persönlich. Niemand kann stellvertretend für jemand anderen lernen. Lernen muss persönlich berühren.

Dies bedingt individuelle Aktivität. Die Lernenden müssen persönlich Wahrnehmen, in ihrem persönlichen Handeln und Denken das Gewohnte und damit die persönliche Komfortzone verlassen.

Lernen ist ein Tanz zwischen der Komfortzone (wo sich Veränderung verdichtet und mit Vorhandenem verknüpft) und der Lernzone (wo Veränderung angestossen wird).

Lehren heisst, diese Veränderung des Wahrnehmens, des Handelns und des Denkens anzuregen, zu begleiten und die Fremd-Perspektive in den Prozess einzubringen.

Der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun sagt, dass die Wahrheit immer zu zweit beginnt. In diesem Sinne hielt auch Johann Heinrich Pestalozzi fest, dass keiner alleine die ganze Wahrheit besitzt.

(Persönliche) Entwicklung kann nur im Dialog erfolgen.