Rolle der Gespräche beim Lernen

Rolle der Gespräche beim Lernen

In der soziokulturellen Theorie von Lev Vygotsky spielt die Kommunikation eine wichtige Rolle.

Die Entwicklung der geistigen Fähigkeiten der Kinder findet zu einem bedeutsamen Teil in der Kooperation (geführte Teilnahme an Lernsituationen) und in Interaktionen und Gesprächen statt.

Einerseits erfolgen die Gespräche zwischen den Lernenden und ihren Bezugspersonen (social speech), welche in einem Gebiet über fortgeschrittene Fähigkeiten verfügen.

In der Zone der nächstmöglichen Entwicklung (zone of proximal development) hilft eine Lehrperson oder Lernpartner bei einem Entwicklungsschritt, den ein Lernender (noch) nicht selbständig bewältigen kann. In der Folge wird die Hilfestellung individuell an die Bedürfnisse angepasst, was man als Scaffolding bezeichnet.

Wenn Kinder schwierigen Herausforderungen begegnen, verfallen sie andererseits manchmal in Selbstgespräche (private speech). Diese helfen den Lernenden, Lösungsstrategien zu entwickeln und das eigene Verhalten zu steuern.

Mit zunehmendem Alter reduzieren sich diese Selbstgespräche auf einzelne Wörter und werden schliesslich ganz stumm, wobei sie als innerer Dialog weiterhin wirken (inner speech).

Vygotsky bezeichnet dies als geistige Selbstführung (cognitive self-guidance system).

Was heisst „Lernen“?

Was heisst „Lernen“?

Lernen ist die nachhaltige Veränderung der persönlichen Wahrnehmung, Handlung oder Handlungsmöglichkeiten sowie des persönlichen Denkens.

Am Ende des Lernens (oder beim Erreichen von Meilensteinen des Lernens) stehen damit die Fragen:

  • Was (Wahrnehmung, Handlungsweise, Denken) hat sich verändert?
  • Ist diese Veränderung nachhaltig?

Lernen basiert auf Erfahrung und ist damit stets persönlich. Niemand kann stellvertretend für jemand anderen lernen. Lernen muss persönlich berühren.

Dies bedingt individuelle Aktivität. Die Lernenden müssen persönlich Wahrnehmen, in ihrem persönlichen Handeln und Denken das Gewohnte und damit die persönliche Komfortzone verlassen.

Lernen ist ein Tanz zwischen der Komfortzone (wo sich Veränderung verdichtet und mit Vorhandenem verknüpft) und der Lernzone (wo Veränderung angestossen wird).

Lehren heisst, diese Veränderung des Wahrnehmens, des Handelns und des Denkens anzuregen, zu begleiten und die Fremd-Perspektive in den Prozess einzubringen.

Der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun sagt, dass die Wahrheit immer zu zweit beginnt. In diesem Sinne hielt auch Johann Heinrich Pestalozzi fest, dass keiner alleine die ganze Wahrheit besitzt.

(Persönliche) Entwicklung kann nur im Dialog erfolgen.